Im osteopathischen Kontext wird oft davon gesprochen, dass alle Strukturen im Körper auf irgendeine Art und Weise miteinander zusammen hängen. John M. Littlejohn, ein Osteopath der erste Stunde, entwarf dafür ein mögliches Erklärungsmodell:das „Polygon of Forces“. Sinngemäß bedeutet es das „Vieleck der Kräfte“.
Mithilfe des Polygon wird deutlich, wie (auf den ersten Blick) nicht miteinander verbundene Strukturen über sog. Kraftlinien ein harmonisches und bewegliches Ganzes zu bilden.
Eine vordere Linie verläuft von dem vorderen Teil des Hinterhauptlochs an der Schädelbasis zum Steißbein. Diese steht im Gleichgewicht mit zwei hinteren Kraftlinien die vom hinteren Teil des Hinterhauptlochs zu dem rechten und linken Hüftgelenk ziehen. Diese drei Kraftlinien kreuzen sich am 4. Brustwirbelkörper und bilden dadurch zwei Dreiecke, die aufeinander balanciert sind.
Warum die Körperhaltung eine Rolle spielt
Es gibt verschiedene Körperhaltungen, die die Kraftlinien aus dem Gleichgewicht bringen können. Unterschieden wird in einen ventralen (bauchseitigen) und dorsalen (rückseitigen) Haltungstypen. Die Haltung weist auf Zonen starker Verspannung hin und liefert erste Anhaltspunkte für die Diagnostik und Behandlung. Beim ventralen Typ neigt der Körperschwerpunkt eher nach vorne, wodurch es hier häufig zu Verspannungen der Rückenmuskulatur und schwachen Bauchmuskeln kommt, wohingegen der dorsale Typ, mit dem eher nach hinten geneigten Schwerpunkt, durch die Kompression der Wirbelsäule oft Blockaden hat.
Die Schwerkraftlinien verdeutlichen außerdem die Verbindung von Wirbelsäule, Becken und Kiefer.
Welche Auswirkungen gibt es?
Durch das Polygon entsteht z.B. eine direkte funktionelle Verbindungslinie zwischen dem Kiefer und dem Becken. Die Strukturen stehen damit in einer Wechselbeziehung, d.h. wenn bspw. Der Kiefer durch Knirschen der Zähne eine Funktionsstörung hat, kann es auch auf die Beweglichkeit des Beckens eingeschränkt sein.
Diese Erkenntnis bedeutet für die osteopathische Praxis, dass ein betroffener Bereich nicht allein behandelt werden sollte, sondern der Körper als Einheit mitsamt seiner Kraftlinien betrachtet und behandelt werden sollte.